• Angewandte Anatomie
Vor dem Schulterblatt befindet sich die Fossa subscapularis, der Ursprung des Musculus subscapularis. Dahinter liegt der nach außen und leicht nach oben verlaufende Schulterblattkamm, der in die Fossa supraspinatus und die Fossa infraspinatus unterteilt ist, in denen jeweils der Musculus supraspinatus und der Musculus infraspinatus ansetzen. Das äußere Ende des Schulterblattkamms bildet das Acromion, das mit dem acromialen Ende des Schlüsselbeins über eine lange, ovale Gelenkfläche das Acromioclaviculargelenk bildet. Der obere Rand des Schulterblattkamms weist eine kleine, U-förmige Einkerbung auf, die vom kurzen, aber kräftigen Ligamentum transversum suprascapulare überquert wird. Unter diesem verläuft der Nervus suprascapularis, über ihm die Arteria suprascapularis. Der laterale Rand (axillärer Rand) des Schulterblattkamms ist am dicksten und verläuft nach außen zur Wurzel des Schulterblatthalses, wo er mit dem Rand der Gelenkfläche des Schultergelenks eine Gelenkgrube bildet.
• Indikationen
1. Resektion gutartiger Schulterblatttumoren.
2. Lokale Exzision eines bösartigen Tumors des Schulterblatts.
3. Hochstehendes Schulterblatt und andere Deformitäten.
4. Entfernung von abgestorbenem Knochengewebe bei Osteomyelitis des Schulterblatts.
5. Suprascapularnervenkompressionssyndrom.
• Körperhaltung
Halbliegende Position, um 30° zur Bettkante geneigt. Der betroffene Arm wird mit einem sterilen Tuch umwickelt, sodass er während der Operation jederzeit bewegt werden kann.
• Arbeitsschritte
1. Ein Querschnitt wird üblicherweise entlang des Schulterblattkamms in der Fossa supraspinata und dem oberen Teil der Fossa infraspinatus durchgeführt. Zusätzlich kann ein Längsschnitt entlang des medialen Randes des Schulterblatts oder der medialen Seite der Fossa subscapularis erfolgen. Die Querschnitte und Längsschnitte können je nach Bedarf zur Darstellung der verschiedenen Schulterblattabschnitte zu einem L-förmigen, umgekehrten L-förmigen oder einem Schnitt erster Klasse kombiniert werden. Müssen lediglich die oberen und unteren Ecken des Schulterblatts freigelegt werden, genügen kleine Schnitte in den entsprechenden Bereichen (Abbildung 7-1-5(1)).
2. Die oberflächliche und tiefe Faszie wird eingeschnitten. Die am Schulterblattkamm und medialen Rand ansetzenden Muskeln werden quer oder längs in Schnittrichtung eingeschnitten (Abb. 7-1-5(2)). Soll die Fossa supraspinata freigelegt werden, werden zunächst die Fasern des mittleren Trapeziusmuskels durchtrennt. Das Periost wird bis zur knöchernen Oberfläche der Gonade scapulae eingeschnitten, wobei sich dazwischen eine dünne Fettschicht befindet. Die gesamte Fossa supraspinata wird durch subperiostale Präparation des Musculus supraspinatus zusammen mit dem darüberliegenden Musculus trapezius freigelegt. Beim Durchtrennen der oberen Fasern des Musculus trapezius ist darauf zu achten, den parasympathischen Nerv nicht zu verletzen.
3. Um den Nervus suprascapularis freizulegen, werden lediglich die Fasern des oberen mittleren Teils des Musculus trapezius nach oben gezogen. Der Musculus supraspinatus wird vorsichtig nach unten gezogen, ohne ihn abzulösen. Die sichtbare weiße, glänzende Struktur ist das Ligamentum transversum suprascapulare. Nachdem die suprascapulären Gefäße und Nerven identifiziert und geschützt wurden, kann das Ligamentum transversum suprascapulare durchtrennt werden. Anschließend wird die Incisura scapulae auf eventuell vorhandene pathologische Strukturen untersucht und der Nervus suprascapularis freigelegt. Abschließend wird der abgelöste Musculus trapezius wieder an der Scapula fixiert.
4. Soll der obere Teil der Fossa infraspinatus freigelegt werden, können die unteren und mittleren Fasern des Musculus trapezius und des Musculus deltoideus am Beginn des Schulterblattkamms eingeschnitten und nach oben und unten retrahiert werden (Abb. 7-1-5(3)). Nach Freilegung des Musculus infraspinatus kann dieser subperiostal abgelöst werden (Abb. 7-1-5(4)). Beim Annähern an das obere Ende des Achselrandes der Gonade scapulae (d. h. unterhalb der Glenoidhöhle) sollte auf den Nervus axillaris und die Arteria rotator humeri posterior geachtet werden, die durch das Foramen quadrilaterale verlaufen, das vom Musculus teres minor, Musculus teres major, dem langen Kopf des Musculus triceps brachii und dem Collum chirurgicum des Humerus umschlossen wird, sowie auf die Arteria rotator scapulae, die durch das Foramen triangulare verläuft, das von den ersten drei umschlossen wird, um eine Verletzung dieser Strukturen zu vermeiden (Abb. 7-1-5(5)).
5. Um den medialen Rand des Schulterblatts freizulegen, werden nach Durchtrennung der Fasern des Musculus trapezius der Musculus trapezius und der Musculus supraspinatus durch subperiostale Ablösung nach kranial und extern retrahiert, um den medialen Teil der Fossa supraspinata und den oberen Teil des medialen Randes freizulegen; anschließend werden der Musculus trapezius und der Musculus infraspinatus zusammen mit dem am unteren Winkel des Schulterblatts ansetzenden Musculus vastus lateralis subperiostal abgelöst, um den medialen Teil der Fossa infraspinatus, den unteren Winkel des Schulterblatts und den unteren Teil des medialen Randes freizulegen.
Abbildung 7-1-5 Verlauf der dorsalen Skapulaexposition
(1) Einschnitt; (2) Einschnitt entlang der Muskellinie; (3) Abtrennung des Deltamuskels vom Schulterblattkamm; (4) Anheben des Deltamuskels zur Freilegung des Musculus infraspinatus und des Musculus teres minor; (5) Ablösen des Musculus infraspinatus zur Freilegung der dorsalen Seite des Schulterblatts mit Gefäßanastomose
6. Soll die Fossa subscapularis freigelegt werden, müssen die an der inneren Schicht des medialen Randes ansetzenden Muskeln, d. h. Musculus scapularis, Musculus rhomboideus und Musculus serratus anterior, gleichzeitig abgelöst werden, sodass das gesamte Schulterblatt nach außen angehoben werden kann. Beim Freilegen des medialen Randes ist darauf zu achten, den absteigenden Ast der Arteria transversa carotis und den Nervus dorsalis scapulae zu schonen. Der absteigende Ast der Arteria transversa carotis entspringt dem Truncus thyreoidea colli und verläuft über den Musculus scapularis tenuissimus und den Musculus rhomboideus vom oberen zum unteren Schulterblattwinkel. Die Arteria rotator scapulae bildet ein dichtes Gefäßnetz im dorsalen Bereich des Schulterblatts und muss daher beim subperiostalen Ablösen fest an der Knochenoberfläche anliegen.
Veröffentlichungsdatum: 21. November 2023




